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#BNWPurpose: Ja zu Werteorientierung - WEtell als Purpose Unternehmen

In der Serie zum Purpose- und gemeinwohlorientierten Wirtschaften stellt der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft Unternehmen vor, die sich gegen ein rein gewinnmaximierendes Modell entschieden haben. Die Blogserie „Purpose Economy“ soll praktische Denkansätze zu den Themen Gemeinwohlökonomie, Postwachstum & Suffizienz liefern.

Purpose BNWPurpose
WEtell Teamfoto

Bitte beschreibt kurz Euer Unternehmen. Was macht WEtell aus?

Alma Spribille: WEtell ist ein nachhaltiger Mobilfunkanbieter. Und das durch und durch. Uns ging es von Anfang an darum, ein nachhaltiges und gemeinwohlorientiertes Unternehmen zu gründen. Unsere gesamte Geschäftstätigkeit richtet sich dabei an unseren drei Grundwerten aus: Klimaschutz, Datenschutz, Fairness und Transparenz.

Wir bieten klimaneutrale Mobilfunktarife an und da wir zusätzlich in den Ausbau von Solarenergie investieren, sind wir sogar klimapositiv. Beim Mobilfunk fallen sehr viele sensible Daten an, die heutzutage schnell mal weitergehandelt werden. Das möchten wir ändern und setzen uns für mehr Datenschutz im Mobilfunk ein. Wir alle haben außerdem schon mal schlechte Erfahrungen mit der "Servicewüste Mobilfunk" gemacht. Daher bieten wir unseren Kund*innen einen gut erreichbaren, kompetenten Service, bei dem sie auf Augenhöhe behandelt werden. Auch über unseren Geschäftsbereich hinaus machen wir uns für einen nachhaltigen Wandel stark und sind daher sowohl Teil der Gemeinwohl-Ökonomie als auch ein Purpose-Unternehmen und damit im Verantwortungseigentum.

Seit Mitte 2022 ist WEtell ein Purpose Unternehmen. Was bedeutet das für euch als Unternehmen? Welche Gründe waren ausschlaggebend dafür, dass Ihr WEtell kurz nach der Gründung in ein Purpose-Unternehmen umgewandelt habt?

Andreas Schmucker: Wir haben durch unseren Kooperationspartner Ecosia das Konzept Verantwortungseigentum schon sehr früh in unserer Startup-Phase kennengelernt und waren sofort begeistert davon. Als Purpose Unternehmen können wir die Werteorientierung von WEtell langfristig und unabhängig von einzelnen Personen sichern. Jetzt kann es nicht mehr veräußert oder von externen Investor*innen beeinflusst werden. Und genau das sind die Punkte, an denen andere tolle nachhaltige Ideen schon gescheitert sind. Der Klassiker: Ein erfolgreiches Startup wird aufgekauft und vom nachhaltigen Konzept bleibt am Ende nur noch eine leere Marketinghülle. Das wollten wir von Anfang an verhindern. Als Purpose Unternehmen können sich unsere Kund*innen, die Mitarbeitenden und unsere Kooperationspartner sicher sein, dass wir auch langfristig werteorientiert arbeiten.

Über euren unternehmerischen Ansatz sagt ihr: „WEtell ist an erster Stelle werteorientiert und erst an zweiter Stelle profitorientiert.“ Welche Vorteile habt Ihr gegenüber “traditionell“ wirtschaftenden Unternehmen? 

Alma Spribille: Wir sehen so viele negative Auswirkungen der "traditionellen" Wirtschaft, die hauptsächlich an Gewinnsteigerung und privater Bereicherung interessiert ist: Ausbeutung von Natur und Mensch, große Unzufriedenheit unter den Beschäftigten, steigende Krankheitsquoten oder Unternehmen, die zu Spekulationsobjekten werden. Wir glauben, dass eine stärkere Werte- und Gemeinwohlorientierung diese Probleme lösen kann und langfristig zu einer gesunden und stabilen Wirtschaft führt.

Das merken auch die Verbraucher*innen: Der Trend geht zum bewussten Konsum und die Nachfrage nach nachhaltigen und fairen Alternativen steigt. Und auch intern zeigen sich bei uns positive Effekte. Arbeitnehmer*innen wollen schon längst nicht mehr einfach Geld scheffeln. Vielen ist es wichtig, Sinn in ihrer Arbeit zu finden. Klingt vielleicht kitschig, aber gemeinsam für die Gute Sache zu arbeiten, motiviert unheimlich und schweißt als Team zusammen.

Hat sich durch die Umwandlung innerhalb des Unternehmens etwas Grundlegendes verändert? Wie ist die Umwandlung in ein Purpose Unternehmen bei euren Mitarbeitenden, Lieferant:innen, Investor:innen und Kooperationspartner:innen angekommen? Wie seid Ihr damit umgegangen?

Andreas Schmucker: Ganz oberflächlich betrachtet, merkt man überhaupt keine Änderung. Aber tatsächlich hat das Ganze sehr viel mit uns als Team gemacht. Wir haben vorab mit allen Mitarbeitenden gemeinsam über die Umwandlung gesprochen. Dabei haben wir so viel begeisterte Rückmeldungen erhalten, dass zum Schluss vor Freude und Rührung sogar die Tränen geflossen sind. Das war ein sehr schöner und emotionaler Moment für uns. Es hat uns noch näher zusammengebracht, uns in unserem Tun bekräftigt und einen großen Motivationsschub im gesamten Unternehmen bewirkt. Auch von Lieferant*innen, Kund*innen und Kooperationspartner*innen haben wir durchweg positives Feedback bekommen.

Investor*innen waren in unserem Fall kein Problem, da wir uns von Anfang an gegen Investitionen im klassischen Sinne – also: Geld gegen Anteil - entschieden hatten und alle Beteiligten frühzeitig mit ins Boot geholt haben.

Wer mehr zu WEtell's Vision und WEtell als Purpose Unternehmen erfahren möchte findet über den Link weitere spannende Informationen und Beiträge.

Zur WEtell Homepage

Bei Purpose-Unternehmen werden Entscheidungen immer von Personen innerhalb der Organisation getroffen. Glaubt Ihr, dass diese Unternehmen resilienter gegenüber Krisen sind?

Andreas Schmucker: Absolut. Denn die Personen innerhalb des Unternehmens werden ihre Entscheidungen immer im Interesse des Unternehmens fällen. Externe Entscheider*innen greifen eher mal zu Maßnahmen, die eine Krise schaffen oder auch verschärfen können. Manchen Investor*innen ist es auch vollkommen egal, ob das Unternehmen langfristig überlebt, solange sie davor genügend Geld daraus ziehen konnten.

Rein interne Entscheidungen bedeuten auch, schneller und flexibler reagieren zu können, wenn sich eine Krise abzeichnet. Ein Purpose Unternehmen spart sich in diesem Fall mitunter bürokratischen Aufwand und Zeitverlust durch Terminabstimmungen, Rücksprachen und letztendlich auch Überzeugungs- und Rechtfertigungsarbeit, die bei externen Entscheider*innen mitunter nötig werden.

Bei Purpose-Unternehmen werden alle Erträge zurück ins Unternehmen investiert. Wie hilft euch dieses Prinzip dabei zukunftsfähig und nachhaltig zu wirtschaften?

Andreas Schmucker: Es hilft uns vor allem, unserer Linie treu zu bleiben und das erwirtschaftete Geld in das Fortbestehen und Weiterentwicklung von WEtell zu stecken. Und das unabhängig davon, wer das Unternehmen leitet. Momentan sind wir Gründende ja auch die Geschäftsführer*innen. Aber sollten wir uns irgendwann mal aus dem Unternehmen zurückziehen wollen und eine neue Geschäftsführung einsetzen, können wir sicher sein: WEtell bleibt auf seinem nachhaltigen Kurs.

Wenn die Gewinne zurück ins Unternehmen fließen, heißt es außerdem im Umkehrschluss, dass sich keine privaten Profite machen lassen. Und damit verliert sich auch jegliche Motivation zur Ausbeutung des Unternehmens. Also auch kein Anlass etwas zu tun, das die Gewinnsteigerung fördert, aber im gleichen Zug WEtell, den Mitarbeitenden oder dem Gemeinwohl schadet.

Ihr sagt über euch selbst: „WEtell macht Mobilfunk, um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen und nicht Nachhaltigkeit, um Mobilfunk zu verkaufen.“ Was sind Eure nächsten Ziele/Schritte auf diesem Weg?

Alma Spribille: Eines unserer Ziele ist natürlich, noch viel mehr Menschen für nachhaltigen Mobilfunk zu gewinnen. Gerade haben wir die Schwelle in die Zehntausender geschafft: Jetzt telefonieren und surfen über 10.000 Menschen mit unseren nachhaltigen Mobilfunktarifen. Für unseren Break Even brauchen wir mindestens noch 5.000 mehr.

Aktuell sind wir außerdem dabei, ein neues Projekt für den weiteren Ausbau von Solarenergie in Deutschland auf die Beine zu stellen, auf das wir uns schon sehr freuen.

Nach dem Studium des Energie- und Umweltmanagements (2005-2010) war Alma 12 Jahre in der Solarzellenforschung beim Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme tätig – zuletzt als Gruppenleiterin. 2019 hat sie gemeinsam mit Andreas und Nico den nachhaltigen Mobilfunkanbieter WEtell gegründet in dem sie als Geschäftsführerin tätig ist. Parallel dazu engagiert sich Alma seit 2021 als Vorständin im Bundesverband nachhaltige Wirtschaft e.V. und wurde 2022 von Robert Habeck in den Mittelstandsbeirat des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz berufen.

Nach dem Studium des Mikrosystemtechnik (2005-2011) forschte Andreas weitere 5 Jahre am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme an der Optimierung von Solarzellen. 2015 entwickelte sich daraus eine freiberufliche Beratungstätigkeit für internationale Photovoltaik-Speerspitzenprojekte. Parallel gründete der 2-fache Vater mit einem Ingenieurbüro für erneuerbare Energien sein erstes Unternehmen und setzte damit seine ehrenamtliche Arbeit von Ingenieure ohne Grenzen e.V. international fort. 2019 hat er gemeinsam mit Alma und Nico den nachhaltigen Mobilfunkanbieter WEtell gegründet in dem er als Geschäftsführer tätig ist. Der ständige Antrieb von Andreas ist es eine möglichst große Wirksamkeit für die Klimawende zu erreichen.