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Gastbeitrag: Welchen Beitrag leisten Versprechen zur Klimaneutralität für die Transformation der Wirtschaft?

Ein Gastbeitrag von Marja Lena Hoffmann und Maike Gossen.

Nachhaltigkeitsreporting Klimaschutz im Unternehmen
CO2 neutral

Um die globale Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, müssen wir bis 2030 die Hälfte aller Treibhausgasemissionen reduzieren und bis spätestens 2050 Net Zero erreichen. Eine immense Herausforderung, die sich nur mit ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen bewältigen lässt. Seit dem Klimaabkommen von Paris haben hunderte Unternehmen Net Zero-Pledges veröffentlicht, in denen sie aufzeigen, wie sie ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen. Doch viele dieser Pledges beinhalten zu schwache oder unkonkrete Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und stehen unter dem Vorwurf des Greenwashings.

In diesen Tagen treffen sich Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bei der Weltklimakonferenz, der sogenannten COP27, in Ägypten und diskutieren über Maßnahmen und Verantwortlichkeiten zur Bewältigung der Klimakrise. Die Expertengruppe des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat in ihrem diesjährigen Bericht ein ambitioniertes globales Szenario ausgerufen, um das Klima zu stabilisieren, nämlich bis 2050 Net Zero zu erreichen, also die Netto Null bei den Emissionen.

Für die Erreichung der Klimaziele sind Unternehmen in der Verantwortung, die eigenen Emissionen zu senken und klimaneutral zu wirtschaften. Bereits seit einigen Jahren veröffentlichen Unternehmen sogenannte Net Zero-Pledges, mit denen sie ihren Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise aufzeigen. Doch wie groß dieser Beitrag wirklich ist und inwiefern damit die nötigen Emissionseinsparungen erreicht werden können, ist oft undurchsichtig. Wie aber können anspruchsvolle Net Zero-Pledges von schwachen unterschieden werden? Um die Ambitionen hinter diesen Versprechungen transparent zu machen, hat die TU Berlin gemeinsam mit der Suchmaschine Ecosia das Climate Pledge Rating entwickelt. Dieses untersucht und bewertet öffentlich verfügbare Informationen zu Klimaversprechen von großen Technologiefirmen wie Meta, Microsoft oder Netflix. Das Climate Pledge Rating veranschaulicht für Nutzer:innen von Ecosia anhand eines Ratings von A = “Hervorragend” bis F = “Ungenügend”, wie ambitioniert die Net Zero-Pledges wirklich sind. Durch die Bewertung wird zudem erkennbar, welche Unternehmen noch stark nachbessern müssen und welche bereits auf einem guten Weg sind. Um ein A zu erhalten, müssen Unternehmen es sich zum Ziel gesetzt haben, ihre gesamten Emissionen (Scope 1, 2 und 3) bis 2030 um mindestens 50 Prozent zu reduzieren. Darüber hinaus fordert ein A-Rating, dass bereits erste Fortschritte in der Erreichung dieser Ziele nachgewiesen werden können.

Ecosia

Abbildungsquelle: BNW-Mitglied Ecosia

Das Ergebnis: keines der untersuchten Unternehmen erfüllt bislang die Kriterien des A-Ratings. Hauptausschlaggebend für das schlechte oder nur mittelmäßige Abschneiden ist das häufige Fehlen von konkreten Zielen zur Reduzierung sämtlicher Treibhausgasemissionen. Insbesondere Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette von Unternehmen entstehen, sind oft nicht mit konkreten Reduktionszielen in öffentlichen Pledges berücksichtigt. Dabei machen diese sogenannten Scope-3-Emissionen bei vielen Unternehmen über 90 Prozent der Gesamtemissionen aus (siehe auch den Gastbeitrag von Lara Obst). Jedoch setzen viele Unternehmen stattdessen auf Investitionen in Carbon Offset-Projekte, um Emissionen zu kompensieren und dadurch einen Net Zero-Status zu erlangen. Carbon Offset-Projekte sind stark umstritten und sollten lediglich einen Zusatz zu drastischen Reduktionsmaßnahmen darstellen, und keine Alternative.

Das Climate Pledge Rating zeigt, dass Net Zero-Pledges alleine nicht ausreichen, um weitreichende Klimaauswirkungen zu verhindern. Würden alle Unternehmen so handeln, wie die meisten der untersuchten Unternehmen, würde die globale Temperatur um weit mehr als 1,5 °C steigen und hätte verheerende Folgen für das Leben auf der Erde. Unternehmen müssen konsequent auf eine drastische Reduzierung sämtlicher Emissionen setzen und langfristige und ehrgeizige Dekarbonisierungspläne entwickeln. Auf der COP27 wird dies bereits als Greenwashing angemahnt - und zwar nicht nur von Klimaaktivist:innen und Umwelt-NGOs, sondern vom Generalsekretär der Vereinten Nationen selbst. So verurteilte António Guterres mit deutlichen Worten die Praxis einiger Unternehmen, Netto-Null-Emissionen zu versprechen, um die Folgen ihres Handelns aus Imagegründen schönzurechnen. 

 

Weitere Informationen zur Methodik und den Ergebnissen des Climate Pledge Ratings