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Nachhaltigkeit mit Verfassungsrang besser in Politik und Gesellschaft verankern

Berichte
Als Vertreter des Vorstandes von UnternehmensGrün nahm Gerd Hofielen am 8. Juni 2016 an der Öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zum Thema "Nachhaltigkeit ins Grundgesetz?" teil. Dort gaben die Sachverständigen Prof. Dr. Joachim Wieland (Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer), Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier (Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D.), Prof. Dr. Gesine Schwan (Präsidentin der Humboldt-Viadrina, Governance Platform gGmbH) eine Stellungnahme ab. Im Anschluss sprachen die anwesenden Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Lenz (CSU), Matern von Marschall (CDU), Carsten Träger (SPD), Bernd Westphal (SPD), Dr. Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen) und Birgit Menz (Die Linke). Prof. Gesine Schwan setzte folgende Schwerpunkte:
  • Nachhaltigkeit sei identisch mit dem Begriff des Gemeinwohls. Die große Reichweite des Begriffs mache es schwierig, ihn auf politische Aktionen festzulegen.
  • Dieser Vorbehalt der mangelnden Klarheit gilt auch für das Verfassungsprinzip der Sozialstaatlichkeit, wobei letzteres durch einige Gesetze eine Präzisierung erfahren habe.
  • Die Unschärfe des Begriffs sei nicht schädlich für die Verständigung, er müsse durch argumentative Kommunikation inhaltlich präzisiert werden.
  • Die formale Akzeptanz als Verfassungsprinzip ist wertvoll, weil das zu Diskussion einlädt.
  • Das Prinzip der Leistung und Effektivität sei in der Gesellschaft als Legitimationsprinzip für Gesetze von rückläufiger Kraft. Das Prinzip der Nachhaltigkeit könne die Legitimität von Gesetzen und Institutionen begründen helfen.
  • Nachhaltigkeit könne als Referenz benutzt werden, um Gesetzesvorhaben zu bewerten und es wirke als ‚Appelationsinstanz‘.
  • Konkrete Politik kann nicht durch rechtliche Fixierung ersetzt werden. Die deutsche Rechtstradition bevorzugt die genaue rechtliche Festlegung, während in Frankreich und UK die Rechtstradition auf ‚Aushandeln‘ was rechtlich richtig ist, beruht.
  Schwan wies darauf hin, dass der Begriff der Nachhaltigkeit in die politische und gesellschaftliche Debatte tritt in einer Zeit, in der massive Grenzen des Handelns deutlich werden. Es werde offensichtlich, dass es ‚gefährlich‘ sei, Nachhaltigkeit nicht zu bedenken. Politik und Wirtschaft seien nicht nachhaltig in Deutschland. Weiter sagte sie, die Verfassung muss gelebt werden durch das Handeln der Politik und der Bürger. Mit dem Gewicht eines Verfassungsrangs ist Nachhaltigkeit besser in der politischen Kultur und im Handeln der Institutionen zu verankern. Alle Stellungnahmen finden die Aufnahme des Prinzips Nachhaltigkeit in die Verfassung richtig und wichtig. Joachim Wieland schlägt den Satz vor: „Der Staat beachtet bei seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit.“ In der Diskussion wurde betont, dass so ein Postulat in der Verfassung wie ein Polarstern sei. Daraus könne und solle keine direkte Handlungsanweisung für die Politik abgeleitet werden. Ein guter Verfassungsgrundsatz sei ‚kurz und dunkel‘, der durch den demokratischen Diskurs ‚erleuchtet‘ werden muss. Wenn Nachhaltigkeit ein Ziel politischen Handelns sein soll, wie z.B. Eigentum, dann müsse es in die Verfassung.